Freud und Leid der Löhner Zehnkämpfer

  • Steffen Biermann Westfalenmeister der Junioren
  • Jannik Hartmann im Krankenhaus.


Wie nahe beieinander Euphorie und Niedergeschlagenheit liegen können mussten das Löhner Zehnkampftrio und das Trainerduo Rüdiger Pudenz und Kalle Held bei den westfälischen Zehnkampfmeisterschaften in Lemgo erfahren. Nach 11 persönlichen Bestleistungen am ersten Tag des Zehnkampfs übertrumpften die Löhner Athleten sämtliche Hochrechnungen und Erwartungen.

 

Mehrkampf

Trotz eher schwieriger Bedingungen durch wechselnde Winde und einzelne Niederschläge überzeugten alle drei (Andre Düsterhöft, Jannik Hartmann und Steffen Biermann). 

Steffen mit fünf Bestleistungen in allen fünf Disziplinen (100 Meter, Weitsprung, Kugelstoßen, Hochsprung und 400 Meterlauf)., Andre mit vier Bestleistungen abgesehen vom Hochsprung mit 1,88 Metern und Jannik, der jüngste der Drei in der B-Jugendklasse, mit ebenfalls 1,88 Metern im Hochsprung und im 400 Meterlauf in 53,00 Sekunden. 

Das war einfach sensationell und insbesondere die Kandidaten für die Normerfüllung für die Deutschen Meisterschaften in München Ende August - Steffen und Jannik – hatten bereits ein tolles Punktpolster. 

Am zweiten Tag knüpften die Löhner dann an die starke Vorstellung vom Vortag an. Jannik pulverisierte seine Bestleistung im 110 Meter Hürden lauf in persönlicher Bestzeit von 15,44 gleich um vier Zehntelsekunden, Steffen unterbot erstmals die 17-Sekundengrenze. Andre hatte Pech- auf   Bestzeitkurs liegend – musste er an der vorletzten Hürde abbremsen weil sein unmittelbarer Nachbar seine Hürde so unglücklich umrannte dass diese direkt in Andres Bahn fiel--- einfach nur Pech. Das kostete Andre knapp zwei Sekunden und somit rund 200 Punkte.

Und dann stand der Stabhochsprung an. Die B-Jugendlichen gingen als erste an die einzige Anlage im Lemgoer Stadion und Jannik hatte weiterhin einen irren Lauf. Seine Bestleistung von 3,40 überbot er locker, übersprang die Höhen von 3,50, 3,60 und 3,70 Metern im ersten Versuch und dann trafen Athlet und Betreuer eine Entscheidung die böse Folgen haben sollte. Aufgrund der Höhe war es nötig einen härteren Stab zu nehmen. Jannik, der total cool und selbstsicher war, lief an machte Alles richtig, schwang sich in die Höhe und  ließ den Stab zu früh los und stürzte in den Einstichkasten. Resultat: Bruch des Schien- und Wadenbeins. Im Stadion ging es drunter und drüber bis Jannik nach langen Minuten mithilfe schmerzstillender Spritzen aus der Anlage in den Krankenwagen und ins Krankenhaus abtransportiert werden konnte. Ein kleines Drama. Nach einer Stunde wurde der Wettkampf fortgesetzt wobei einige Athleten nicht so ganz mit der Situation und dem Erlebten fertig wurden. Das betraf auch Andre, der in der nächsten Gruppe antreten musste. Mit 3,10 zog er sich achtbar aus der Affäre. Steffen Biermann blieb inzwischen auf der Anlage nebenan weiter auf Meisterkurs. Gecoacht von Trainer Rüdiger Pudenz erzielte er auch im Diskuswurf einer persönlichen Bestleistung und baute somit seinen Vorsprung aus. Im Stabhochsprung verbesserte er sich danach auch 3,80 Meter und überbot seine alte Besthöhe um 20 Zentimeter. Unglaublich. Andre schleuderte den A-Jugenddiskus danach auf ebenfalls beachtliche 34,76 Meter und schob sich in der Gesamtwertung auf Rang acht. Und danach kamen ja noch zwei Schokoladendisziplinen. Im Speerwurf schleuderte Andre den Speer auf sehr gute 51,23 und dann kam noch der 1500 Meterlauf. In der Zeit von 3:34,21 Minuten ließ Andre die Konkurrenz einfach stehen, lief die 1000 Meter in exakt 3:00 Minuten  lauf Plan von Trainer Kalle Held und gewann das Rennen mit weit über 10 Sekunden Vorsprung vor dem Zweiten. Einfach klasse! Mit dieser furiosen Aufholjagd machte Andre das Unmögliche doch noch möglich und er verbesserte sich auf den nicht mehr für möglich gehaltenen 4. Platz. Und das im ersten A-Jugendjahr!

In der Juniorenklasse unterstrich Steffen jetzt seine Dominanz, indem er den Speer auf seine zweitbeste Weite schleuderte. Mit 52,61 Metern unterstrich Steffen, dass in Löhne nun einmal einfach nur gut Speer geworfen wird  dank der Trainerhilfe von Tim Werner. Im abschließenden 1500 Meterlauf war als Zielzeit die Fünfminutenmarke angegeben. Steffen hielt sich an die Marschroute des Trainers und blieb in 4:55,98 Minuten mehr als im Soll. Die Belohnung waren dann exakt 6512 Punkte. Ein unglaublicher Zehnkampf mit 9 plus einer Bestleistung im Endergebnis. Das hat selbst Zehnkampfcoach in seiner fast 40-jährigen Trainerlaufbahn noch nicht erlebt.

Natürlich widmet Steffen seinen Titel und Qualifikation für die Deutschen Meisterschaften seinem Trainingspartner Jannik, der gegen Ende der Veranstaltung aus dem Krankenhaus über Mikrofon verkünden ließ: Ich drücke euch die Daumen. Die Operation ist gut verlaufen und ich mache weiter. Das nennt man halt Teamspirit – auch oder gerade in einer Sportart, die in erster Linie als Einzelsportart gilt. Nach zwei langen Tagen mit jeweils 10 Stunden Wettkampf waren Trainer und Athlet aufgewühlt und einfach nur platt. Das muss jetzt schnell verarbeitet werden und weiter geht’s.